Die Jahresberichte der Zwischenkriegszeit

Die "Jahresberichte" der Zwischenkriegszeit sind wegen ihrer besonderen wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung in den Jahren 2001 bis 2003 in einem DFG-geförderten Digitalisierungsprojekt erfasst und im Internet zur Verfügung gestellt worden.

Das Digitalisierungsprojekt

Die Bände 1 bis 14 der Jahresberichte wurden in den Jahren 2001 bis 2003 im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms "Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen" in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier digitalisiert.

Diese Jahresberichte für die Berichtsjahre 1925 bis 1938, die zwischen 1927 und 1940 erschienen, dokumentieren in besonderer Weise die Entwicklung der deutschen Geschichtswissenschaft in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. In dieser Zeit enthielten die Jahresberichte neben der Bibliografie auch detaillierte Forschungsberichte. In den Berichten und in der Systematik spiegeln sich der Weg von der Weimarer Republik zur NS-Diktatur und die Reaktionen herausragender Vertreter des Fachs wider. Die Online-Publikation macht dieses Material der modernen Forschung zugänglich.


Jahresberichte für deutsche Geschichte 1 bis 14

 

Bedeutung des Projekts 

Die Jahresberichte für deutsche Geschichte stehen in einer langen Tradition der Information und Dokumentation der deutschen und internationalen Geschichtswissenschaft. Zwischen 1880 und 1916 wurden von der Historischen Gesellschaft zu Berlin zunächst universalgeschichtlich angelegte Jahresberichte der Geschichte herausgegeben. Nach einem ersten Versuch, die Arbeiten an den kriegsbedingt eingestellten Jahresberichten zu Beginn der 1920er Jahre wieder aufleben zu lassen, fand im Jahre 1926 eine grundlegende Neuorganisation statt. Diese war sehr eng mit der Absicht des Comité International des Sciences Historiques verbunden, eine eigene Bibliografie zu veröffentlichen.

 

Was deutsche Historiker bewog, eine Bibliografie für die deutsche Geschichte ins Leben zu rufen, verdeutlicht ein Brief des Mediävisten Hermann Reincke-Bloch vom 4. Juni 1926 an das Reichsinnenministerium, in dem es heißt, dass eine Bibliografie "nur auf dem Boden der nationalen Geschichtsforschung nicht nach den gegenwärtigen Grenzen, sondern nach dem jeweiligen Umfang der verschiedenen Staatsgebiete erfolgen" könne. Gegenüber den potenziellen staatlichen Geldgebern wurde er noch deutlicher und betonte, "daß es nur auf diesem Wege möglich sein wird, die geschichtlichen Arbeiten in den Gebieten, die nicht oder nicht mehr zum Deutschen Reiche gehören, innerhalb des Gesamtrahmens der deutschen Geschichtswissenschaft aufzunehmen und damit die Kultureinheit des deutschen Volkes zur Geltung zu bringen". Offensichtlich stießen die Initiatoren, unter anderen der Historiker Albert Brackmann, der später zum führenden Kopf der "Ostforschung" avancieren sollte, der Mediävist Paul Kehr, der 1917 das Institut für deutsche Geschichte bei der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft mitbegründet hatte, oder auch Hugo A. Krüss, der 1925 zum Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek berufen worden war und an herausragender Stelle in der Notgemeinschaft wirkte, mit ihrem Anliegen auf offene Ohren.

 

1927, nur ein Jahr nach der Reorganisation, konnte der erste Band der Jahresberichte für deutsche Geschichte für das Berichtsjahr 1925 veröffentlicht werden. Unter der Herausgeberschaft von Albert Brackmann und Fritz Hartung und unterstützt von bedeutenden Fachvertretern wie Max Braubach, Otto Brunner, Hans Herzfeld, Wilhelm Mommsen oder Fritz Petri wurden die Jahresberichte schnell zu einem integralen Bestandteil der deutschen Geschichtswissenschaft. Neben den umfangreichen Bibliografien, die die einzelnen Bände einleiteten, waren es insbesondere die detaillierten Fortschrittsberichte ausgewiesener Historiker, die die Stellung der Jahresberichte in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit begründeten.

Das änderte sich auch nach der Errichtung der NS-Diktatur nicht. Allerdings erfuhr die Zusammensetzung des Referentenkreises einige Veränderungen. So schieden zum Beispiel nach 1933 Heinrich Sproemberg und im Jahre 1937 Wilhelm Mommsen gezwungenermaßen aus dem Kreis der Berichterstatter für die Jahresberichte aus. Darüber hinaus wurden diese ab dem Band für das Berichtsjahr 1932, der 1934 erschien, mit einer neuen Gliederung versehen, die eine Abteilung "Rassen- und Familienkunde, Bevölkerungsgeschichte" mit einem eigenen Abschnitt "Die Juden in Deutschland" enthielt. Bis zur kriegsbedingten Einstellung der Arbeiten im Jahre 1942 bewahrten die Jahresberichte ihre bedeutende Stellung im Fach.

 

Die Jahresberichte bieten somit unter verschiedenen Gesichtspunkten einen für die Forschung wertvollen Einstieg in die deutsche Historiografie der Jahre 1925 bis 1942. Sie decken alle in den 20er und 30er Jahren erforschten Themen der deutschen Geschichte ab. Zudem spiegeln sie einen wesentlichen Aspekt der Wissenschaftspolitik dieser Jahre wider und dokumentieren, in welchem Maß das historische Urteil gerade zu dieser Zeit von ideologischen Überzeugungen bestimmt wurde.

 

Die Digitalisierung der Bände und ihre Präsentation im Internet ermöglicht zunächst einen blätternden Zugriff über die einzelnen Bände, wobei Inhaltsverzeichnis und Register weitestgehend in der Originalform beibehalten wurden. Einen erheblichen Mehrwert gegenüber der Druckausgabe stellen die bandinternen Verknüpfungen dar, die nicht nur eine schnelle Navigation ermöglichen, sondern darüber hinaus in den bibliografischen Teilen sichtbar machen, ob ein Titel in den Forschungsberichten Berücksichtigung fand. Durch die Implementierung bandübergreifender Suchmöglichkeiten ist es möglich, sich u. a. einen Überblick über die Entwicklung bestimmter Forschungsgegenstände zu verschaffen.

 

Die Titeldaten der digitalisierten Jahrgänge sollen in die Hauptdatenbank der Jahresberichte integriert werden.

 

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