JDG-Einblicke: Wandern
Rechercheeinstieg zum Thema „Geschichte des Wanderns“
“Wandern ist die vollkommenste Art der Fortbewegung, wenn man das wahre Leben entdecken will.” (Elizabeth von Arnim, englische Schriftstellerin, 1866 – 1941)
Menschen waren schon immer zu Fuß unterwegs – vor allem, um Arbeit zu suchen (Wander- bzw. Saisonarbeiter, Schwabenkinder, Gesellenwanderung), Vieh zu weiden (Viehwirtschaft), um zu heiligen Stätten zu pilgern oder um als Söldner Kriege zu führen. Nur zum Spaß wanderte lange Zeit allerdings niemand. Das Gehen zu Fuß als Sport und Freizeitbeschäftigung war eher unbekannt.
Mit dem Bau von Eisenbahnen war es möglich, neue Gebiete kennenzulernen und sich Wanderwege in fremden Gegenden zu erobern, Wandern wurde zu einem beliebten Freizeitvergnügen und Erlebnis in der Natur.
Erste Höhepunkte fand das Wandern in der Zeit der Romantik, Schriftsteller wie Johann Gottfried Seume begeistern mit ihrer Reiseliteratur. Erste Wanderwege wurden angelegt und kartographisch erfasst, Reiseberichte entstanden umfassender und vielfältiger als je zuvor. So entwickelte sich eine Branche des Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig, beispielsweise im Alpenraum.
Nachdem 1857 in Großbritannien, 1862 in Österreich Alpenvereine entstanden, gründeten deutsche und österreichische Alpinisten 1869 den Deutschen Alpenverein (DAV), der später zum Deutschen und Österreichischen Alpenverein zusammengeschlossen wurde. Bis zum Ersten Weltkrieg entstanden zahlreiche Schutz- und Wanderhütten, gebaut und betreut von einzelnen Sektionen des Vereins. 1914 bestand der Deutsche und Österreichische Alpenverein (DuOeAV) bereits aus 417 Sektionen mit ca. 100.000 Mitgliedern.
Im Deutschen Kaiserreich, vor allem aber in der Weimarer Republik gehörte die Wanderbewegung zur Jugendkultur. Der Wandervogel als bürgerlicher Verein Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet stand in engem Zusammenhang mit der entstehenden Reformpädagogik und setzte sich für den Bau von Jugendherbergen in Deutschland ein. Die Naturfreunde, exakt bezeichnet als Touristenverein "Die Naturfreunde" (TVdN), hatten ihren Ursprung in der Arbeiterbewegung und sind bis heute in vielen Ländern Europas aktiv.
Im Nationalsozialismus wurden auch die Wandervereine „gleichgeschaltet“. Damit endete eine legale eigenständige Jugendkultur. Alle Initiativen alternativer Gruppen wurden verfolgt. Für aktiven Widerstand bekannt wurden die „Roten Bergsteiger“, eine Initiative der Naturfreunde, die vor allem in der Sächsischen Schweiz und im Erzgebirge bis 1938 als Grenzgänger tätig waren, um illegale Flugblätter zu schmuggeln oder Verfolgten über die Grenze(n) zu helfen.
Nach 1945 kam es im Westen Deutschlands zu Neugründungen der Naturfreunde und der Sektionen des Deutschen Alpenvereins, während die Wandervögel ohne Bedeutung blieben. In der DDR war der “Deutsche Verband für Wandern, Bergsteigen und Orientierungslauf“ ein Teil des Deutschen Turner-Bundes (DTB).
Der DAV hat heute 1 Millionen Mitglieder in über 350 Sektionen. Diese unterhalten 327 öffentlich zugängliche Hütten, circa 30.000 km Wege und Steige und 200 künstliche Kletteranlagen. Neben der Förderung von Wandern, Sport und Bergsteigen spielt heute der Naturschutz eine große Rolle.
Bildnachweise:
- Zeitschrift des DÖAV von 1872. Quelle: Wikimedia Commons
- Gruppe des Wandervogels aus Berlin. Quelle: Wikimedia Commons / Bundesarchiv, Bild 183-R24553 / CC-BY-SA